Saturday, November 29, 2014

Leere Laeden in einer boomenden Stadt

Die Zeichen wirtschaftlichen Aufschwungs sind in New York City endlich sichtbar. Bautaetigkeit und Kraene ueberall. Trifft man einen Bekannten oder Kollegen, bekommt man bestaetigt, dass alle "very busy" sind. Da ist definitiv Geschaeft zu machen. Der Prozentsatz an leerstehenden Bueroflaechen ist so niedrig wie seit langem nicht, Apartments gehen wieder weg wie warme Semmeln.
 

Aber die vielen leerstehenden Laeden, auch in begehrten Lagen wie 5th Avenue, machen mich gleichzeitig traurig und auch besorgt. Alles nur Show, ist die Lage gar nicht so gut wie wir alle denken? Sind die Laeden zu, weil die Leute noch immer kein Geld ausgeben wollen? Gibt es tatsaechlich nur noch Bankfilialen, Geschaefte grosser Ketten und Drogerien? Scheint fast so.
 
 
 
Ich hab mal ein bisschen die Lage sondiert und bin zu folgenden Annahmen gekommen.

1.Vertraege mit billigen Mieten laufen aus.

Nach dem Bankencrash 2008 vermieteten viele Eigentuemer die Ladenlokale zu relativ geringen Preisen, einfach um die Flaechen ueberhaupt loszuwerden. Mietvertraege gelten in der Regel ueber 5 Jahre, so dass nun eine Grosszahl von Vertraegen auslaufen. Das gibt zum einem dem Vermieter die Moeglichkeit, die Mieten drastisch anzuheben. Allerdings sehen sich auch Geschaeftsinhaber nach anderen Flaechen um, weil sie expandieren.

Zum Vergleich: in 2008/09 wurden Mietflaechen fuer $50-$100/SF vermietet, momentan sind $200/SF ein guter Deal. Heisst, fuer einen 200 Quadratmeter grossen Laden werden am Jahresende $400,000 faellig. Da muss eine alte Frau lang fuer stricken. Angemerkt sei, dass wir hier nicht ueber Top Lagen wie Times Square oder Broadway reden, sondern eher mittelmaessige Gegenden.  
 
 
2. Exorbitant hohe Preise

Die Gebaeude in Manhattan sind riesig - viele davon. Heisst, der Anteil der Ladenflaechen an der Gesamtmietflaeche ist geringer als in einem 3 Geschosser mit 2 Wohnungen. Ist das Gebaeude an sich vermietet, ist der Leidensdruck nicht so gross.  Der Vermieter kann sich dann eher leisten, die Ladenflaechen so lange frei stehen zu lassen, bis sich ein Mieter findet, der tief in die Tasche greifen will.

 
3. Warten auf grosse Mieter

Viele Vermieter warten auf die grossen Ladenketten, die als kreditwuerdiger gelten als kleine Einzelhaendler. Aber auch die grossen gehen gelegentlich pleite.  

 

4. Warten auf Developer

Manche Vermieter warten auf Developer, die das gesamte Grundstueck kaufen und das Haus fuer einen Neubau abreissen. Viele Ladenflaechen auf 57th Street sind leer, aber werden nicht aktiv angeboten.

Hier hat es geklappt. Dieses Grundstueck auf 5th Avenue ist nun leer.
 

5. Viele Baustellen

Des einen Freud, des anderen Leid. Viele Baumassnahmen vertreiben Mieter. Da wird eine U-Bahn gebaut, die auf der Second Avenue Mieter abschreckt. Ebenso erschweren die vielen Gerueste, die mitunter jahrelang jeglichen Blick auf die Schaufenster versperren, die Vermietung.

 

6. Zu grosse Erwartungen

Wenn neue Grossbauten entstehen, werden die Rentabilitaetsberechnungen immer noch sehr positiv gerechnet. Ist das Gebaeude dann fertig, muss der Vermieter dann solch hohe Mieten verlangen, damit die Rechnung aufgeht.

7. Zu viele neue Geschaefte

Viel Bautaetigkeit bringt viele neue Geschaefte. Der Markt ist nicht gross genug, um diese sofort zu absorbieren.

Hoffen wir, dass sich die Luecken bald schliessen. Ist doch viel schoener, wenn die Laeden wieder offen sind.



Thursday, November 27, 2014

Thanksgiving, Black Friday and Cyber Monday

Heute wird in den USA offiziell die Vorweihnachtszeit (politisch korrekt: Holiday Season = Feiertags Saison) eingelaeutet.
 
 
Der Feiertag hat seinen Ursprung im Jahre 1620. Hier kamen die ersten Einwanderer per Boot ueber den Ozean und richteten sich in der Naehe von Boston ein. Im Herbst 1621 fuhren sie ihre erste Ernte ein, und zu Ehren dieser feierten sie das Erntedankfest - Thanksgiving. Ein offizieller Feiertag wurde dieses Fest im Jahre 1817.
In heutiger Zeit wird Thanksgiving jeweils am vierten Donnerstag im November gefeiert. Ein angenehmer Feiertag - man muss sich nicht vorher dem Stress des Geschenkekaufens aussetzen und hat meistens auch den Freitag frei. 
 
 
Es ist ein richtiges Familienfest, und es wird in den verschiedenen Regionen unterschiedlich begangen. Hier im Nordosten kommt der altbekannte Truthahn auf den Tisch, zusammen mit Kartoffelpuerre, Kuerbissuppe und -torte, suessen Kartoffeln und Stuffing. Man trifft sich mit den Lieben, redet und isst stundenlang, spielt Spiele und guckt Football. Beschaulich.
In New York gibt es in jedem Jahr die Thanksgiving Day Parade, gesponsert von Macy's, einem der groessten Retailer des Landes. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich es bisher noch nie dorthin geschafft habe.
 
 
Weihnachtsbaum an Baustelle - nette Idee von Turner
Kaum ist die letzte Keule gegessen, geht das Gerenne los - Black Friday. Geschaefte oeffnen um Mitternacht (oder neuerdings noch frueher), und der Run auf die Weihnachtsgeschenke geht los. Auch nach vielen Jahren USA kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, mich um 3 Uhr morgens in die Schlange um die besten Deals einzureihen. Echt nicht.

Aber Fact ist: Black Friday ist der einkaufsstaerkste Tag des Jahres. Alle Einzelhaendler locken mit unglaublichen Deals. Manche scheinen den Stress richtig wert zu sein, aber es gibt meistens nur eine begrenzte Menge. Der fruehe Vogel faengt den Wurm. Man sieht in bitterlicher Kaelte Schlangen um ganze Gebaeude herum stehen, nur weil es im Elektronikladen Fernseher fuer 99 Dollar gibt. Ist mir zuviel Stress, das Ganze. Im vergangenen Jahr wurden an diesem Wochenende (also Donnerstag bis Sonntag) ca. 57,4 Milliarden Dollar ausgegeben. Der durchschnittliche Einkaeufer liess 407$ im Laden.
 
Wer immer noch nicht genug hat, kann am Cyber Monday die letzten verbliebenen Dollars der Wirtschaft wieder zufuehren: an diesem Tag sind die Online Haendler dran. Wer also gerne online einkauft - hier ist die Chance. Jedenfalls stressaermer, geht ohne Parkplatzsuche.
 
Wie auch immer, Weihnachten rueckt naeher, und am naechsten Mittwoch wird der Weihnachtsbaum am Rockefeller Center erleuchtet. Die Ereignisse gehen nun Schlag auf Schlag. Im Dezember finden endlose Charity Events statt, zu denen man dann - par ordre de Mufti - hin muss. Naechste Woche an drei Abenden. Uff. Dann freut man sich umso mehr auf Weihnachten, weil dann der Zinober vorbei ist.
 
Allen einen schoenen ersten ruhigen Advent!

 

Sunday, November 23, 2014

Apartments der Superlative - One 57

Dass New York eine Stadt der Superlative ist - wissen wir alle. Eine Stadt, in der man fuer einen Parkplatz mehr bezahlt als anderswo in den USA fuer ein Mehrfamilienhaus. Es ist dabei fuer mich immer wieder erstaunlich, wieviele Menschen hier ueber (fuer Otto Normalamerikaner) unermesslich erscheinende Bankkonten verfuegen.
 
 
Es ist derzeit ein neuer Trend zu verzeichnen: Wolkenkratzer, die nicht wie in der Vergangenheit Bueros sind, sondern Apartments haben, manchmal mit Hotels und Geschaeften in den unteren Geschossen. Es ist dabei keine Seltenheit, dass diese teilweise super kleinen Wohnungen viele Millionen Dollar kosten - bis hin zu fast 100 Millionen. Eine absurd hohe Zahl, fuer die die meisten von uns nicht einmal ein Vorstellungsvermoegen haben. Welcome to Absurdistan.
 
 
 
 
 
 
Der neueste Zuwachs ist das soeben fertiggestellte "One 57". Dieses Gebaeude beherbergt die New Yorker Reichen und Schoenen ebenso wie die Gaeste des Park Hyatt - natuerlich mit einem anderen Eingang.
 
Der Eingang zum Gebaeude ist ziemlich spektakulaer - ein echter Hingucker - , erinnert an einen Wasserfall. Etwas fremd anmutend ist er aber doch - anders als ueblich auf der 57. Strasse gibt es in diesem Gebaeude nicht ein einziges Ladenlokal im Erdgeschoss. Das wird von den New Yorker Stadtplanern ungen gesehen, vor allem, weil es die Laufkundschaft fernhaelt. Da die Strassenfront allerdings nicht sonderlich breit ist, wird man ueber diesen Verlust wohl hinwegkommen, zumal gleich nebenan im Jahr 2018 der Luxus Retailer Nordstrom einen neuen Flagship Store eroeffnen und der 57. Strasse ein komplett neues Gesicht geben wird.
 
Allerdings ist es nun nicht so, dass hier die vielen neuen Eigentuemer des Gebaeudes erheblich mehr Leben in die Gegend bringen werden. Die meisten solcher Apartments sind schlicht und ergreifend Geldanlagen.  Sie bleiben auch nach Verkauf leer oder werden von ihren chinesischen oder russischen Eigentuemern nur einmal jaehrlich fuer das Weihnachtsshopping genutzt.
 
Nach Medienberichten sind alle Eigentuemer der 9 oberen Geschosse Milliardaere. Diese Wohnungen umfassen das gesamte Geschoss auf ca.6,400 SF (580 Quadratmeter Wohnflaeche). Das Penthaus hat 2 Ebenen , ca 11,000 SF (1,100 Quadratmeter) und wechselte kuerzlich fuer eine Rekordsumme von $95mio den Besitzer. Dafuer hat man auch den totalen Ueberblick - nach Norden hin auf den Central Park, nach Sueden auf das Empire State Building, das World Trade Center und sogar die Freiheitsstatue.
 

 
 
 
 
Der franzoesische Architekt Christian de Portzamparc hat das Gebaeude entworfen. Der Projektsteuerer Extell ist verantwortlich fuer die Umsetzung. Gesamtbaukosten 1,5 Milliarden Dollar.
Das Gebaeude ist 1,005 ft (306 m) hoch, und eines der Neubauten, die den Umweltschuetzern im Central Park zu Recht ein Dorn im Auge sind. Ueber die durch die Wolkenkratzer erzeugten Schatten im Park hatte ich bereits berichtet. Klick hier zum Beitrag "Schatten im Central Park". 


Sunday, November 16, 2014

Das Guggenheim Museum


An einem der letzten Freitage habe ich endlich mal das Guggenheim Museum an der Fifth Avenue / 89. Strasse an der Upper East Side besucht.

 

Das Museum wurde von der Solomon R. Guggenheim Foundation 1939 gegruendet und erhielt seinen Namen nach dem Tod des Gruenders 1952. Es hat sich jedoch nicht immer in den heutigen Raeumen befunden, ist erst im Jahr 1959 dorthin gezogen. Die Sammlung ist mit dem Schwestermuseum des Museums in Bilbao, Spanien , eine der groessten und bedeutensten der Welt. Im Jahr 2013 besuchten fast 1,2 Millionen Menschen das Museum.
 
In diesem Museum gibt es staendige Ausstellungen impressionistischer Kuenstler ebenso wie der fruehen Moderne und auch zeitgenoessischer Kunst. Interessiert hat mich wieder mal  besonders die Architektur.
 




 
Das spiralfoermige Gebaeude an der Fifth Avenue wurde von Frank Lloyd Wright entworfen.
Von 1943 bis Anfang 1944 erstellte Wright hierfuer  vier verschiedene Skizzen. Einer der Pläne hatte eine sechseckige Form ebene Böden für die Galerien, alle anderen zeigten bereits eine Rampe rund um die Innenhalle des Gebäude. Am Ende gewann einer der kreisfoermigen Entwuerfe. Spiralfoermig erstreckt sich die Rampe nach oben, das gibt der Ausstellung ein interessantes Raumgefuehl. Bereits nach dem Eintritt in die Raeume kann man bis unter die Glaskuppel sehen.
Die offene Rotunde bietet Zuschauern die einmalige Möglichkeit, Arbeiten auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig anzusehen.

 
Zugleich hat man einen gigantischen Blick auf den Central Park. Das Guggenheim ist das einzige Museum von Frank Lloyd Wright und ebenso das einzige Gebauede, dass in urbaner Landschaft erstellt wurde - entgegen aller seiner anderen "Naturbauten". Die Naehe zur Natur im Central Park bietet hier einen idealen Kompromiss. Allen Architekturinteressierten kann ich einen Besuch des Museums nur empfehlen - verbunden mit einem anschliessenden Abstecher in den Central Park.
 

Sunday, November 9, 2014

Warum Statistiken ein falsches Bild zeichnen

Nicht nur Deutsche, sondern auch Amerikaner lieben Statistiken. Eine kuerzlich veroeffentlichte Studie der Citizen Budget Commission legte dar, dass NYC im Bezug auf Wohnen und Transportkosten die drittguenstigste Grosstadt der Nation ist. Der durchschnittliche Haushalt gibt daher 32% des Einkommens fuer diese beiden Dinge aus. Guenstiger sind nur noch Washington DC (29%) und San Francisco (31%).
Fuer alle, die Monat fuer Monat mit den hohen Kosten zu kaempfen haben, ein Schlag ins Gesicht. Wie aber kommt man zu diesem absurden Ergebnis?
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


 
Viele New Yorker haben kein Auto. Die akkumulierten Kosten fuer Versicherung, Unterhalt und Benzin fallen damit nicht ins Kalkuel. Braucht man doch einmal eins, gibt es ein recht gut ausgebautes Netz an Mietwagenstationen.

Mit der U-Bahn erreicht man auch entlegene Stadtteile, so dass man einfach kein Auto braucht. Der normale New Yorker bewegt sich auch relativ selten aus seiner Nachbarschaft heraus - wenn er nicht muss.

In New York City leben mehr als die Haelfte der Einwohner in Mietimmobilien - anders als in den meisten anderen Regionen.

Ueber 60% der Mietobjekte fallen unter eines der verschiedenen Programme fuer verguenstigten  Wohnraum. Mieter, die einmal in einem solchen "guenstigen" Apartment wohnen, ziehen da nicht wieder aus. Heisst: Otto Normalamerikaner kommt oftmals gar nicht in diesen Genuss - weil es nicht genuegend mietstabilisierte Objekte gibt. Mehr als 250,000 Familien sind auf der Warteliste der New York Housing Authority. Fuer einen neuerbauten Wohnblock in Harlem mit 124 Apartments gab es eine Lotterie, bei der ueber 50,000 Leute teilgenommen haben.

Sicherlich stimmt es, dass man hier in der Gegend mehr verdient als anderswo im Lande. Allerdings gibt man auch viel mehr aus. Die hohen Lebenshaltungskosten druecken die Leute mit geringen Einkommen einfach aus der Stadt. Wohnen in NYC ist dann einfach keine Option mehr. Das aber verfaelscht die Statistik auch wieder. Der Prozentsatz wird einfach von einem hoeheren Gehaltsdurchschnitt berechnet.



New York City wird wohl immer ein Magnet fuer viele bleiben. Es ist einfach toll, eine Arbeitsstelle mit Adresse in NYC auf dem Lebenslauf zu haben. NYC ist aber auch eine Durchgangsstation.  Man kommt, geniesst die Zeit - und laesst sich ein paar Jahre spaeter irgendwo nieder, wo der Dollar weiter reicht als hier.


Wenn New York attraktiv fuer Neuankoemmlinge bleiben will, muss sich sicherlich etwas aendern. Berufsanfaenger koennen sich hier keinen Wohnraum leisten. Die Stadt ist bekannt dafuer, dass mehrere Direktoren in einem Schuhkarton wohnen und sich ein Badezimmer teilen. Sicherlich sieht man derzeit Neubauten ueberall, aber diese duerften fuer den Normalbuerger unerschwinglich sein und bleiben.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ebenso steht die Infrastruktur vor dem Kollaps. Das U-Bahnsystem kann die vielen Leute kaum noch befoerdern. Wer nachmittags zum Feierabend ein Taxi braucht, steht auf verlorenem Posten. Der Transit in die Vororte haengt an dem maroden Bus- und Zugnetzwerk, dass bis ueber die Belastungsgrenze hinaus strapaziert wird und sehr fragil ist.
 
 
Traue also niemals einer Statistik, bevor Du nicht genau hingesehen hast.

Saturday, November 1, 2014

Herbst im Central Park

Bis vorgestern war es in NYC eigentlich immer noch viel zu warm fuer diese Jahreszeit, aber puenktlich zum Ende des Oktober (oder Halloween) wurde es herbstlich kalt und richtig ungemuetlich. Trotzdem habe ich eine kleine Tour im Central Park gemacht und bin auf viele New Yorker gestossen, die dem Wetter getrotzt haben und den nasskalten Tag fuer einen Spaziergang genutzt haben. Ueberraschend war zunaechst, dass ich viele Deutsche getroffen habe. Aber: am Sonntag ist New York Marathon - das erklaert die Anwesenheit der vielen Besucher.