Eines meiner
Lieblingsgebaeude in New York steht am Dreieck Broadway/5th Avenue/ 23rd Street
– das Flatiron Gebaeude. Eine staedtebauliche Besonderheit Manhattans fuehrte
zu dieser “Laune der Architektur”, dem dreiecksfoermigen Grundriss, der dem Bau
fast sofort nach Fertigstellung den Namen „Flatiron“ (Buegeleisen) einbrachte. Schliesslich war
New York damals die Stadt der Textilherstellung, und ein Buegeleisen hatte
jeder staendig in Sichtweite.
Die gerade nach Sueden verlaufende Strasse ist die 5th Avenue, die Schraege der Broadway |
Dazu ein kleiner Schritt zurueck in die Geschichte New Yorks: 1811 wurde die Anlage des „grid“, der rasterfoermigen Anordnung der Strassen New Yorks, beschlossen. Soweit, so gut. Aber: damals gab es einen alten hochfrequentierten Indianerpfad, der schraeg ueber die Insel fuehrte. Da dieser rege genutzt wurde und sich die Einwohner einfach nicht an das Rechteckraster gewoehnen wollten, behielt man ihn einfach bei. Somit wurde der Broadway zum eigenwilligen Querschlaeger im geordneten Raster von Manhattan. Diese Strassenfuehrung fuehrt in einigen Blocks zu dreieckigen tortenstueckformigen Grundstuecken, die – auch New York typisch – maximal genutzt werden und daher ebenso dreieckige Gebaeudegrundrisse haben. Keines ist jedoch so majestätisch wie das Flatiron.
Heute heisst das gesamte Gebiet Flatiron. Hier ist immer etwas los, gerade eine Werbeveranstaltung von United Airlines. |
1902 wurde das Flatiron von einer der damals bekanntesten New Yorker Baufirma erstellt und auch nach ihr benannt – das Fuller Building. Die Firma hatte ihren Stammsitz in den oberen Geschossen. Fuller ist bekannt als sowohl der erste „richtige“ Generalunternehmer der Stadt als auch der “Vater der Hochhaeuser“. Bei seiner Fertigstellung war es das hoechste Gebaeude der Stadt und das einzige Hochhaus noerdlich der 14. Strasse. Ueberraschend, denn heute sind ein Grossteil der Hochhaeuser noerdlich des Flatiron.
Infotafel am Gebaeude |
Als Architekt des Fuller Buildings wurde Daniel Burnham aus Chicago berufen. Dieser verband den zu damaliger Zeit typischen Stahlskelettbau mit einer Vorhangfassade aus Terracotta, Ziegeln und Sandstein. Die Fassade mit ihren horizontal gegliederten Fassadenelementen an die italienischen Renaissance Bauten. Die urspruenglich 21 Geschosse (87 m) sind aus heutiger Sicht sicherlich keine herausragende Leistung mehr, damals war das Gebaeude aber schon ein Publikumsmagnet: das Dach diente als Aussichtsplattform, aber der wirkliche Publikumswirksame waren die ersten Hochgeschwindigkeitsaufzuege der Firma Otis, die eine einzigartige Beschleunigung entwickelten. Inzwischen wurden die originalen hydraulischen Aufzuege allerdings durch neue Modelle ersetzt.
Die
eigenwillige Grundstueckform hat durchaus Vorteile. Durch den engen Grundriss –
das Gebaeude ist an der engsten Stelle gerade mal 2 m breit - hat eine groessere Zahl der Bueros Fenster und daher viel mehr Tageslicht als ueblich. Ebenso erlaubt die exponierte Lage
am Madison Square Park keine weitere unmittelbare Bebauung, die zu typischen New Yorker Strassenfluchten fuehren koennte. Sowohl in Zeiten
spaerlicher Elektrifizierung als auch in heutigen Tagen kann man mit diesen
Eigenschaften durchaus punkten. Das weiss vor allem jeder, der wie ich in einem
der alten New Yorker Buerotuerme arbeitet, die in den meisten Bueros weder
Fenster noch Tageslicht haben.
Fassadengestaltung erinnert an die italienische Renaissance |
Ohne Leuchtstoffroehren gehts eben doch nicht - schade. |
Witzig auch, dass die
Toilettenanlagen urspruenglich so angelegt waren, dass sich auf den geraden Geschossen
die fuer die Herren und auf den ungeraden die fuer die Damen befanden. Uebrigens wurde
das Gebaeude kurz nach der Fertigstellung aufgestockt, es erhielt ein
Penthouse, dass als Kuenstlerstudio diente.
Gut zu sehen - das Penthouse. |
Eine weitere,
wohl eher zufaellige Attraktion bieten angeblich starke Windboen, die sich an
der Schmalseite des Gebaeudes entwickeln und zum Hochfliegen der Roecke der
vorbeiflanierenden Damen fuehren sollen. - Man muesste es glatt mal ausprobieren...
Postkarte aus dem Jahr 1905 |
Heute ist das
Flatiron Gebaeude sicherlich ein Touristenmagnet, vor allem ist es ein
voll funktionierendes Buerogebaeude. Mehrere Publizisten haben hier ihre Bueros. Im Januar 2009 kaufte die italienische
Sorgente Group die Aktienmehrheit des auf $190 Millionen geschaetzten Gebaeudes,
mit dem Ziel, es in ein Hotel umzubauen. Moeglicherweise muss man hier 10 Jahre
mit der Umsetzung warten, bis die letzten Mietvertraege ausgelaufen sind.
National Historic Landmark |
Das Gebaeude
wurde 1966 zur NYC Landmark ernannt, (also unter Denkmalschutz gestellt) und
wurde 1989 in das nationale Register der Historic Places aufgenommen.
Sehr gutes Blog. Sie haben wunderschöne Fotos. Weiter so. Das macht richtig Spass, durchzublättern. Beste Grüße aus der Nachbarschaft www.timschaefermedia.com
ReplyDeleteDanke, das freut mich sehr, dass der Blog gut ankommt. Ich bin interessiert an Architektur und der Stadtgeschichte, und Fotos machen ist meine Leidenschaft. Der Blog kombiniert beides. Dranbleiben, es kommt immer ein neuer am Wochenende. Viele Gruesse, CK
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