Saturday, July 7, 2012

The Dark Side of the Story

Ich gebe zu, Phil Collins Song hat mich zu diesem Post inspiriert. Bisher habe ich immer ueber die schoenen Seiten des Lebens und der Architektur in den USA berichtet, ueber die grossen Architekten, blitzenden Schaufenster und die imposanten Bauten. If you can make it here, you can make it anywhere. Die Wahrheit ist -  es geht natuerlich auch ganz anders.

Vernagelte Fenster in Newark, NJ 

Nur einen Steinwurf von der glitzernden Metropole entfernt, auf der anderen Seite des Hudson River in New Jersey, gibt es einige Gegenden, in denen man sich besser  nicht aufhaelt. 

Abgebrannt - verbarrikadiert - 22nd Street in Irvington, NJ


Newark, NJ - Paterson, NJ oder Irvington, NJ sind drei Beispiele fuer verfallene Stadtviertel, niedergebrannte oder verbarrikadierte Haeuser, Bandenkriminalitaet und Armut. (Der Gerechtigkeit halber moechte ich allerdings auch hinzufuegen, dass es in Newark und Paterson ebenso angenehme und sichere Stadtteile gibt. )
Nach den 2010 Census Daten leben in Newark 25% der ca. 268,000 Einwohner unter der Armutsgrenze, das mittlere Haushaltseinkommen liegt mit $35,963 fast die Haelfte unter dem NJ Durchschnitt ($68,342). - Das Haushaltseinkommen in Manhattan lag im Vergleichszeitraum bei $121,549, natuerlich sind hier die Lebenshaltungskosten erheblich hoeher und die Zahlen somit eigentlich nicht vergleichbar.

 

Viele hier haben ihren amerikanischen Traum laengst aufgegeben - hier geht es um's Ueberleben. Eine 6x hoehere Verbrechensrate als im New Jersey Durchschnitt macht das Leben gefaehrlich hier. Endstation Newark, NJ. Die meisten von uns kennen diese Stadt als aufregenden Beginn einer Reise, Newark ist einer der drei internationalen Flughaefen im Grossraum New York. 

Geschaefte geschlossen - alles menschenleer. Geisterstadt morgens um 10 Uhr.

Bevor ich meine Arbeit in Manhattan aufnahm, habe ich einige Zeit als Appraiser ( Sachverstaendiger fuer Gebaeudebegutachtungen) gearbeitet - eine Lektion fuers Leben.  Nie war mir bewusst gewesen, wie weit die Spanne zwischen arm und reich in diesem Land klafft.

Traurig aber leider wahr - Paterson, NJ

Sicherlich gibt es auch in deutschen Grossstaedten unsichere Gegenden und soziale Brennpunkte, aber selbst als "Frankfurt - Erprobte" hatte ich derartiges noch nie gesehen. Ein absolvierter Selbstverteidigungskurs, eine Dose Pfefferspray und eine extrem robuste Maglite, die man im Zweifel als Waffe benutzen konnte, waren als Arbeitsmaterial empfohlen. Anwenden musste ich gluecklicherweise nichts davon.


Alle Laeden geschlossen - auch hier kein soziales Leben 

Waehrend meiner Appraisertaetigkeit habe ich die unglaublichsten Sachen gesehen und erlebt, zumal ich auch in die Gebaeude hinein musste.

Sacknass - ist das einzige, was mir dazu einfiel. Roch auch so.

Diese Elektroanlage kann man getrost als feuergefaehrlich einschaetzen

Das war mal Isolierung 
Hohe Zaeune zeugen auch nicht gerade von Vertrauen in die Nachbarschaft 








Nette Ueberraschung bei einem Appraisal in Newark - Blitzsaubere Kita
Einmal fragte mich beim Aussteigen aus meinem Auto ein vorbeifahrender Polizist, was "zum Teufel" ich denn hier taete. Als ich ihm die Antwort "Appraisal" gab, blieb er mit Blaulicht vor der Tuer stehen - solange bis ich wieder aus dem Haus kam und mich schleunigst davon machte. Polizei - dein Freund und Helfer.

Normalerweise bedeutet ein Polizeiauto mit Blaulicht Trouble. Hier war ich froh ueber den netten Cop, der als Vorbeugung auf mich wartete. Er hatte wohl befuerchtet, in kurzer Zeit sowieso gerufen zu werden.
Da hilft nur eine Abrissbirne

Natuerlich ist nicht ganz New Jersey solch ein extremer Problemfall. Bereits zwei Blocks weiter kann die Welt schon ganz anders aussehen, und zwei Ausfahrten weiter auf dem Interstate  tut sich schon eine komplett andere Welt auf. Newark hat einen recht ansehnlichen Ortskern, und auch der Staat New Jersey tut einiges, um Geschaeft hierher zurueckzubringen. Die Mehrwertsteuer (in NJ 7%) ist gesenkt auf 3.5%, um Kaeufer anzulocken. Gute Restaurants gibt es im Ironbound Sektor der Stadt. DIe Rutgers University hat einen excellenten Ruf und sehr huebschen Campus hier, ebenso gibt es hier das neuerbaute New Jersey Center for Performing Art (NJPAC) und das Prudential Center, eine grosse Sportarena.



New Jersey Center for Performing Art (NJPAC) - photo by Wallyg - free for noncommercial use.

Natuerlich fuehren mich meine Wege heute nicht mehr in diese Gegenden - aber ich werde nicht vergessen, dass sie da sind. Einer der interessantesten Ratschlaege meiner amerikanischen Kollegen vor einer Fahrt nach Camden, NJ (ein weiterer Brennpunkt) : "Never stop at a red traffic light ! " - Was heisst - egal, was die Ampel anzeigt, bleib bloss nicht stehen. Die Gefahr eines Uebergriffes ist zu gross. Wie das wohl in der Praxis aussieht? Manche Sachen sollte man einfach nicht ausprobieren.

PS: Wer einmal diese Seite der Medaille sehen moechte: "Die Fremde in dir" - "The Brave One" mit Jodi Foster anschauen.

Source: City Census Data 2010

4 comments :

  1. Ich bin ja eher ein stiller Mitleser, aber vielen Dank für den tollen Post - es muß nicht immer Glitzerwelt sein, auch das reale Leben ist sehr interessant und sollte einem "Touristen" gezeigt werden =). Bitte mehr davon - finde Deinen Blog toll!!! In ein paar Wochen geht es in den Big Apple (für mich das 2.Mal, für meinen Partner das 1.Mal) und ich werde sicherlich noch in den Archiven wühlen und schöne Sachen heraussuchen =)) lg Andi

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  3. Hallo Andrea,
    freu mich, dass Dir mein blog gefaellt. Ich werde in den naechsten Tagen noch meine Insidertipps rausbringen, also bleib dran! Wenn Du mir vorab Deine e-mail-Adresse schicken willst, kann ich Dir die Word Datei schon mal schicken.
    Vorsicht aber mit Touristenausfluegen in solche Gegenden - man kann Euch dort sehr leicht als Fremde identifizieren, und der Aufenthalt dort kann wirklich gefaehrlich sein.
    Fuer weitere interessante Tips, schau mal auf den Blog "Zu Besuch in New York" von Tom Freudenstein - link ganz oben rechts!
    Viele Gruesse
    Connie

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  4. Connie, lieben Dank - wir bleiben auf den Touristentrampelpfaden, denn wir wollen das "übliche" erst mal kennenlernen! Männe kennt die USA noch gar nicht und NY finde ich da einen tollen Einstieg =) Ich hoffe das das Wetter bis Oktober etwas kühler wird, Sommerhitze in den Schluchten von NY hatte ich schon 1995 =) Ich freu mich auf neue Posts und Tom´s Seite kenn ich auch.. Danke! lg Andrea

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