Sunday, January 20, 2013

Wo wohnt die Mittelklasse in Manhattan?

Tom Freudenstein (danke!!!) schickte mir heute einen link, der ein perfektes Update zum Post ist: New York ist gradezu guenstig, vergleichbar zu anderen Grosstaedten. Hier klicken


DIeser Tage habe ich in der New York TImes einen Artikel gelesen, der mich sehr bewegt hat und den ich hier zum Anlass nehmen moechte, mal meine Meinung zum Thema Mittelstand in Manhattan zu bloggen. 
Mein Haus, mein Auto – auch wenn wir alle den Begriff „Mittelklasse“ spiessig finden, zaehlen wir uns ja insgeheim doch dazu. Am Ende des Monats alle Rechnungen bezahlt, Urlaub in der DomRep oder einer anderen Sonneninsel, und am Ende von all dem noch ein paar EUR oder Dollars auf dem Bankkonto. So muss es sein.
Auch in jedem beliebigen Ort der USA kann man an der Nachbarschaft, der Groesse des Hauses und der Groesse und Anzahl der vor der Tuer geparkten Mercedes oder BMW ziemlich leicht feststellen, wie weit „man“ es gebracht hat. 

Wer kann sich Manhattan leisten?


Unterschiede sind extrem in den USA. In Atlanta, Georgia kann man fuer $100,000 ein neues Haus mit mehreren 100 Quadratmetern Wohnflaeche und riesigem Grundstueck kaufen. In Manhattan betrug der durchschnittliche Kaufpreis eines Apartments im letzten Jahr $1,500,000.   Die durchschnittliche Miete liegt mit $3,975 monatlich mehr als $2,800 ueber dem nationalen Durchschnitt. Aber, wer kann sich das eigentlich leisten?  Wo wohnt eigentlich der Mittelstand in Manhattan? 


Mit Blick auf den East River


Eine goldene Regel der Finanzierung ist es, ca. 2.5x des Jahreseinkommens fuer den Kauf eines Hauses zu verwenden. Diese Regel funktioniert fast ueberall im Land. In New York jedoch nicht. Der Preis eines jeglichen Subjekts definiert sich als Betrag, den jemand dafuer bezahlen will. Angebot und Nachfrage. Wuerde man die obige Formel fuer das mittlere Einkommen eines New Yorkers zugrunde legen, muesste der Preis eines Apartments zwischen $200,000 und $600,000 liegen. Tut er aber nicht. Fuer $200,000 kriegt man in der Stadt absolut nichts.   

Dieser Blick kommt mit einem heftigen Preistag - 45 qm Apartment, 1 Schlafzimmer - $1,500,000


Ca. 1,6 Millionen der ueber 8 Millionen Einwohner New Yorks (Einzugsgebiet, einschliesslich der 5 Stadtteile) wohnen in den Hochhaeusern Manhattans. Hier faehrt auch die Mittelklasse mit der U-Bahn zur Arbeit (inklusive dem Buergermeister Michael Bloomberg). Sicherlich gibt es auch in Manhattan „bessere“ Gegenden, aber eine richtige Mittelklasse Nachbarschaft gibt es nicht.

Million Dollar Blick - dieses Apartment mit Blick auf den Central Park wurde fuer $19,8 Millionen verkauft - nix fuer Otto Normalbuerger

New Yorker Familien (mit 2 Kindern) qualifizieren sich bis zu einem Einkommen von $68,700 fuer eine Wohnung im sozialen Wohnungsbau. Mehr als 280,000 Wohnungen (mehr als 50% aller Wohnungen auf dem Markt) sind in irgendeiner Form mietpreisgebunden. Einrichtungen wie z.B. Columbia University besitzen ganze Hochhaeuser. Die Wohnungen werden – als Teil der Benefits – an Angestellte zu einem guenstigeren Mietzins vergeben. Somit kosten derartige Wohnungen eben z.B. $1,800 pro Monat, und nicht $6,000 wie in einem vergleichbaren Gebaeude ohne diese Verguenstigungen. Daher ist eine solche Wohnung fuer einen Professor, der ca. $125,000 pro Jahr verdient, finanzierbar.  Die $6,000 Wohnung wahrscheinlich nicht.  Es muss sicher nicht erwaehnt werden, dass die Mieter solcher Wohnungen diese (fast) nie aufgeben.  Mehr als ein Drittel wohnt schon mehr als 30 Jahre in derselben Wohnung, die an Kinder/ Verwandte weitergegeben wird. 





Es ist sicherlich ein wichtiger Faktor, wann man denn das Wohneigentum erworben hat. Hatte man Glueck und kaufte bereits vor dem Jahr 2000, kann man sich sein Apartment sicher ganz gut leisten. Erst danach sind die Kosten explodiert. Allerdings sind ein Teil der Kosten kaum vermeidbar, auch wenn man den Kredit bereits abgezahlt hat. Nebenkosten wie Muellabfuhr, Sicherheitsdienste, Instandhaltungsmassnahmen etc. koennen locker mehrere tausend Dollar im Monat verschlingen. 

Ein weiterer Kostenfaktor sind die Lebenshaltungskosten in der Stadt. New York ist teuer, und man wird richtig zur Kasse gebeten – Lebensmittel, Reinigung, Fitnesstudio, Kinderbetreuung. Hat man dann noch ein Auto, zahlt man fuer den Parkplatz mehr als anderen Gegenden fuer eine Wohnungsmiete. Weniger als 20% der Haushalte in Manhattan haben Kinder. Kindereinrichtungen und Privatschulen verschlingen Unsummen. Ueblicherweise verlaesst man die Stadt, sobald die Kinder kommen. Es wird extrem viel geboten, aber Kinder in der Stadt grossziehen? Ich glaub nicht. Da ist man in den Vororten doch deutlich besser aufgehoben.



Ein Manko ist natuerlich auch, dass die Wohnungen oftmals sehr klein sind. New York ist bekannterweise eine der wenigen Staedte, in denen Geschaeftsfuehrer in WG’s in schuhkartongrossen Zimmern leben und sich ein Badezimmer teilen. Ich kenne Leute, die einen Teil ihrer Klamotten im Herd (!) lagern. New Yorker sind bekannt dafuer, nie selbst zu kochen, und da muss schliesslich jeder Platz optimal ausgenutzt werden. Verrueckt. 


Wo also wohnt nun die Mittelklasse in New York? Es scheint derzeit so, dass sich die Mittelklasse die Stadt einfach nicht (mehr???) leisten kann. Keiner meiner Kollegen und Freunde wohnt direkt in Manhattan. Die Mieten oder Finanzierungskosten sind einfach nicht zu wuppen. Schliesslich moechte man ja auch was im Sparstrumpf, und irgendwann in Rente gehen will man ja schliesslich auch. Alle pendeln taeglich zur Arbeit, vom Upstate New York, Long Island oder New Jersey. 

Freitag Nachmittag um 5 Uhr im Grand Central - Heading home. Pendlerschicksal

 Andererseits hoert man von kaufwuetigen Chinesen, die halb Manhattan aufkaufen. Ganze Hochhaeuser stehen die meiste Zeit des Jahres leer, bis man mal wieder zum Christmas Shopping aus China auftaucht. Den Rest des Jahres dient das Objekt als Anlage und Steuersparmodell. Andere Immobilien werden von reichen Europaern oder denjenigen Amerikanern, die nicht zu besagter Mittelschicht gehoeren, gekauft.  




Ehrlich gesagt – so gern ich die Stadt mag, mein verschlafenes Vorstadtoertchen tut es eben auch. Sauberere Luft, viel Platz und keine Sirenen tagein, tagaus. Ein bisschen Abstand vom Moloch New York City ab und zu ist auch nicht schlecht. 


Wahrscheinlich bin ich einfach nur ein Spiesser.

Hier geht es zum Artikel in der New York Times 

3 comments :

  1. Preisbereich von Wohnungen in Amerika ist auch unglaublich. Mittelklasse wahrscheinlich nicht in Manhattan leben, und sie können es sich nicht leisten.

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  2. Unglaublich, dass die Miete einer "normalen" Wohnung $6.000 betragen kann. Was ist wen man eine Immobilie kaufen will? Das darf wohl nur ein Traum für die Mittelklasse sein.

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  3. Die Preise steigen immer hoeher so das manche Immobilien Besitzer ernorme Gewinne machten. Auch die Mittelklasse kann ein Haus oder eine Wohnung kaufen in New York City, denisethirkill.wordpress.com

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